Wer als pflegebedürftig gilt:

Mit der Pflegeversicherung wurde ein neuer Pflegebegriff festgelegt. Als "pflegebedürftig" gilt demnach nur, wer einen Hilfebedarf:

1. aufgrund von Krankheit oder Behinderung (unabhängig von Alter, Art der Erkrankung/Behinderung oder Grad der Erwerbsminderung),

2. bei regelmäßig wiederkehrenden täglichen Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie im hauswirtschaftlichen Bereich und

3. für eine Dauer von voraussichtlich mindestens sechs Monaten (es sei denn, die voraussichtliche Lebensdauer ist geringer) haben wird.

Dabei müssen alle drei Bedingungen erfüllt sein.

Grundlage für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit sind alleine die im Gesetz festgelegten „gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens". Im einzelnen sind diese Verrichtungen wie folgt definiert:

Körperpflege: Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Blasen- und Darmentleerung

Ernährung: mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung

Mobilität: Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (z.B. für Arztbesuche oder Behördengänge, nicht für Spaziergänge)

hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln sowie Waschen der Wäsche und Kleidung, Beheizen der Wohnung (im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ist nicht unbedingt ein täglicher Hilfebedarf notwendig)

Hilfebedarf besteht, wenn einige oder alle dieser Verrichtungen des täglichen, Lebens von einer Pflegeperson übernommen werden müssen, aber auch wenn der Pflegebedürftige dabei Unterstützung, Anleitung oder Beaufsichtigung benötigt. Darunter ist folgendes zu verstehen:

"Unterstützung":die Pflegeperson hilft dem Betroffenen, vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern sowie verloren gegangene Fähigkeiten wieder zu erlangen.

"Anleitung": der Pflegebedürftige verfügt über die notwendigen motorischen Fähigkeiten zur Verrichtung einer Tätigkeit, benötigt aber mündliche Anweisungen, um sie zu Ende zu führen.

"Beaufsichtigung": der Pflegebedürftige kann die Tätigkeit selbständig durchführen, muss aber zur Vermeidung einer Eigen- oder Fremdgefährdung dabei beaufsichtigt werden.

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Von der Antragstellung bis zur Begutachtung

Leistungen der Pflegeversicherung gibt es nur auf Antrag. Der Antrag muss vom Pflegebedürftigen, seinem Bevollmächtigten oder seinem gesetzlichen Vertreter formlos an die zuständige Pflegekasse gerichtet werden. Man kann aber auch gleich ein Antragsformular anfordern, das ausgefüllt an die Pflegekasse zurückzusenden ist. Eine zusätzliche ärztliche Bescheinigung ist nicht nötig.

Ist der Antrag bei der Kasse eingegangen, sind damit potentielle Leistungsansprüche erst einmal gesichert. Geht der Antrag später als einen Monat nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit bei der Kasse ein, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt.

Nach Eingang des Antrags beauftragt die Pflegekasse eine Prüfung durch den MDK - den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen . Dabei soll festgestellt werden, ob und in welchem Ausmaß die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welche Pflegebedürftigkeitsstufe vorliegt. Wurde Pflegegeld beantragt, muss auch geprüft werden, ob die häusliche Pflege in "geeigneter Weise sichergestellt ist". Der MDK erhält dazu von der Kasse den Antrag und - sofern der Versicherte eingewilligt hat - weitere für die Begutachtung notwendige Unterlagen über vorherige Krankheiten und Krankenhausaufenthalte, Angaben zur Hilfsmittelversorgung und häuslichen Krankenpflege.

Die Antragsteller haben gewisse gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungspflichten. So müssen Pflegebedürftige der Kasse alle erforderlichen Unterlagen überlassen und ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme an gesundheitsfördernden/rehabilitativen Maßnahmen zeigen. Der Pflegebedürftige muss auch den gesetzlich vorgeschriebenen Hausbesuch des MDK und die Begutachtung in den eigenen vier Wänden zulassen. Wenn aufgrund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht, kann die Untersuchung im Wohnbereich allerdings ausnahmsweise entfallen. Und: In begründeten Ausnahmefällen kann die Begutachtung auch im Krankenhaus erfolgen.

Der Besuch des Gutachters (Arzt und/oder Pflegefachkraft) wird immer vorher - schriftlich oder telefonisch - angemeldet. Sollte der vorgeschlagene Zeitpunkt für die Antragsteller ungünstig sein, muss der MDK einen Alternativtermin anbieten.

Wie eine Begutachtung abläuft und was dabei gefragt wird, zeigt das Fallbeispiel weiter unten. Die Pflegekasse hat das Recht, zu einem späteren Zeitpunkt eine Wiederholungsbegutachtung zu veranlassen. Das kommt vor allem dann vor, wenn der Pflegekasse bekannt wird, daß sich die Ausgangssituation wesentlich verändert hat.

MDK - das ist die Abkürzung für 'Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen'. Er ist der Begutachtungs- und Beratungsdienst der gesetzlichen Krankenkassen. 1989, mit Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes, wurde er als Nachfolgeorganisation des Vertrauensärztlichen Dienstes eingerichtet. Als unabhängiger Gutachterdienst unterstützt der MDK die Kranken- und Pflegekassen in sozialmedizinischen Fragen.

Durch das Pflegeversicherungsgesetz erhält der MDK eine enorme Bedeutung. Denn er prüft, ob und in welchem Ausmaß die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit vorliegen.           

Nach der Begutachtung leitet der MDK-Mitarbeiter seine Unterlagen mit seinem Einstufungsvorschlag und der entsprechenden Begründung an die Kasse weiter. Die Entscheidung, ob und in welche Stufe der Antragsteller als pflegebedürftig eingestuft wird, trifft die Pflegekasse. In den meisten Fällen folgt sie der MDK-Einschätzung. Dem Antragsteller geht dann nach einiger Zeit der Einstufungsbescheid zu und er bekommt - rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung - die bewilligten Leistungen der Pflegekasse.

Wer mit der Einstufung durch die Pflegekasse nicht einverstanden ist, kann gegen den Bescheid Widerspruch einlegen, wenn er sich falsch beurteilt fühlt. Nähere Informationen zum Widerspruchsverfahren finden sich weiter unten.

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Neueinstufung - wenn sich die Pflegebedürftigkeit ändert

Bei der einmal zugesprochenen Pflegestufe muss es nicht bleiben. Der Pflegebedürftige kann jederzeit eine Höherstufung beantragen, wenn sich der Gesundheitszustand zwischenzeitlich verschlechtert hat. Diese Möglichkeit haben selbstverständlich auch Pflegebedürftige, die früher Krankenkassenleistungen als "Schwerpflegebedürftige" bezogen haben und automatisch der Pflegestufe II zugeordnet wurden. Wenn der Pflegebedürftige eine Höhereinstufung beantragt, kommt es zum gleichen Begutachtungsverfahren wie bei einem Neuantrag. Auch dann prüft wieder der MDK. Dabei kann der Gutachter jedoch auch zu der Einschätzung kommen, daß sich die Situation des Pflegebedürftigen verbessert hat. Die Folge: Es kommt zu Herabstufungen oder die Leistungen werden sogar ganz eingestellt. Bevor Pflegebedürftige einen Antrag auf Höherstufung stellen, sollten sie sich deshalb vorab beraten lassen und eine Zeit lang gewissenhaft in einem Pflegetagebuch (s. unten) festhalten, ob und wie sich der Pflegebedarf verändert hat.

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Tips zur Vorbereitung auf die Begutachtung

Bei den Begutachtungen kommt es immer wieder zu Problemen. Denn sie erfolgen nach engen, einheitlichen Maßgaben und oft unter Zeitdruck. Die Begutachtung ist oft nicht viel mehr als eine Momentaufnahme, bei der der MDK-Mitarbeiter leicht ein falsches Bild von der tatsächlichen Situation eines Pflegebedürftigen erhalten kann. Umso wichtiger ist es, sich auf den Besuch des Gutachters gründlich vorzubereiten, denn von seiner Einschätzung hängt es maßgeblich ab, ob und in welcher Höhe die Pflegekasse Leistungen gewährt.

Wie man sich darauf vorbereiten kann und worauf man achten sollte zeigen folgende Tips:

Es ist sinnvoll, über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen alle Pflegetätigkeiten und die dafür benötigten Zeiten festzuhalten. Pflegetagebücher - wie sie von einigen Kassen angeboten werden, erleichtern diese Arbeit. Auch das Kuratorium Deutsche Altershilfe gibt ein "Pflegetagebuch" heraus, das bei der korrekten zeitlichen Ermittlung des täglichen pflegerischen und hauswirtschaftlichen Bedarfes wesentlich hilft und viele wichtige Informationen zur Pflegeversicherung enthält.

Wenn der MDK prüft, sollten alle relevanten Unterlagen und Berichte von Ärzten und Pflegediensten sowie Bescheinigungen anderer Sozialleistungsträger und benötigte Medikamente bereit liegen.

Es sollte möglichst auch die Pflegeperson beim Begutachtungstermin anwesend sein. Wird der Pflegebedürftige bereits durch einen ambulanten Dienst betreut, sollte möglichst auch ein Mitarbeiter des Dienstes bei der Begutachtung dabei sein.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen wissen, daß bei der Begutachtung auch sehr intime Dinge, zum Beispiel zur Körperpflege, abgefragt werden. Vielen Betroffenen ist es peinlich, einem fremden Menschen darüber Auskunft zu geben. Oft kommt es vor, daß sie ihre Situation besser darstellen, als sie wirklich ist ("so schlecht geht es mir gar nicht"), Es ist deshalb sehr wichtig, die Fragen des Gutachters wahrheitsgemäß (das ,Tagebuch' hilft dabei) zu beantworten. Sonst besteht die Gefahr, daß Pflegebedürftige sich um Leistungen bringen, die ihnen laut Gesetz zustehen.

Bei verwirrten Pflegebedürftigen können korrekte Angaben zum Hilfebedarf eigentlich nur von der Pflegeperson kommen, Oft fällt es dieser aber schwer, in Gegenwart des Pflegebedürftigen dazu offen Auskunft zu geben. Deshalb ist es wichtig zu wissen: der Gutachter muss die Pflegeperson auch alleine anhören. Wenn dazu zu Hause keine Möglichkeit besteht, kann ein zusätzliches Gespräch, beispielsweise in der MDK-Geschäftsstelle, vereinbart werden.

Werden Sie selbst aktiv, wenn Sie merken, daß der Gutachter nicht nach allen relevanten Pflegetätigkeiten fragt. Der MDK muss auch feststellen, "ob und in welchem Umfang Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit einschließlich der medizinischen Rehabilitation geeignet, notwendig und zumutbar sind" Ansprüche auf Leistungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation müssen gegenüber der Krankenkasse (nicht Pflegekasse) geltend gemacht werden.

Sollte der Gutachter bei der zeitlichen Einschätzung des Hilfebedarfes von der des pflegenden Angehörigen oder Pflegebedürftigen abweichen, ist er verpflichtet, die Gründe dafür zu nennen.

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Wie Pflegebedürftigkeit begutachtet wird

Als der MDK-Mitarbeiter um acht Uhr morgens bei Margarete Guhl (Name geändert) klingelt, wird er bereits erwartet. Die 73jährige hatte einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung bei ihrer Kasse gestellt. Der Termin für die heutige Begutachtung, bei der auch ihre Tochter, Gisela Staudt (Name geändert), anwesend ist, war ihr zwei Wochen vorher mitgeteilt worden. Sie hat bei der Pflegekasse einen Hilfebedarf in den Bereichen "Mobilität", "Haushaltsführung" und "Körperpflege" angemeldet und die Zahlung einer Geldleistung beantragt.

Der MDK-Mitarbeiter setzt sich in einen Wohnzimmersessel, baut seinen Laptop auf und stellt seine Fragen "Wie ist der Gesundheitszustand?", "Wer pflegt?", "Wer ist der Hausarzt?", "Welche Medikamente werden genommen?", "Sind Hilfsmittel, wie zum Beispiel eine Gehhilfe, vorhanden?". Geduldig beantwortet Frau Guhl jede Frage. Danach folgt ein Rundgang durch die Eineinhalb-Zimmer-Wohnung der 73jährigen. Der MDK-Mitarbeiter soll auch darauf achten, ob durch eine "Wohnumfeldverbesserung" ein besseres und langes selbständiges Leben zu Hause gewährleistet werden kann. Die Toilette ist bereits erhöht und gut erreichbar für Margarete Guhl, die sich aufgrund starker Schulter und Kniebeschwerden nur sehr eingeschränkt bewegen kann. Seit zwölf Jahren leidet die gehbehinderte Frau auch an Herzrhythmusstörungen. Der MDK-Mitarbeiter bittet sie, einige Stufen der Treppe hinaufzugehen, die in den Wohnbereich der Tochter führt. Als sie danach in die Küche kommen, fragt er sie, ob sie sich selbst versorgt oder ob die Tochter, die mit ihrer Familie in der Wohnung in der ersten Etage lebt, die Mahlzeiten zubereitet.

"Ich kann ja nicht einmal mehr Kartoffeln schälen", erklärt die 73jährige. Der MDK-Mitarbeiter wendet sich an die Tochter, die ihm berichtet, dass sie wegen ihrer Mutter tagsüber ständig im Haus sei. "Wie ist das nachts, wenn Ihre Mutter diese Herzanfälle bekommt?" Die Mutter würde dann rufen, sagt Gisela Staudt. "Dann laufe ich runter, um ihr zu helfen."

Zurück im Wohnzimmer folgt eine medizinische Untersuchung. Der MDK-Mitarbeiter prüft die Beweglichkeit der Gelenke und die motorischen Einschränkungen. Er ist mittlerweile bei dem Punkt "Bestimmung der Pflegebedürftigkeit" angelangt. Danach richtet sich die Einordnung in die drei unterschiedlichen Pflegestufen, erklärt er. Der MDK-Mitarbeiter fragt die Tochter: "Sie helfen Ihrer Mutter jeden Tag beim Duschen?" Und: "Wie viele Minuten benötigen Sie dafür?" Dann wird weiter gefragt - nach Hilfen bei Zahnpflege, Kämmen, beim Toilettengang, der Ernährung, der Mobilität, beim Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden und Gehen. Schließlich wird auch nach der notwendigen Unterstützung bei der hauswirtschaftlichen Versorgung gefragt. Dazu gehören unter anderem Hilfen beim Einkaufen und Kochen, der Wohnungsreinigung oder Kleiderpflege. Wenn Gisela Staudt angibt, ihre Mutter bei einer dieser Verrichtungen zu unterstützen.

Die Begutachtung selbst hat eine knappe Stunde gedauert. Das Ergebnis bekommt Frau Guhl später schriftlich von ihrer Pflegekasse mitgeteilt. Falls mehrere Personen, zum Beispiel Familienmitglieder, Nachbarn oder auch Pflegedienst-Mitarbeiter an der Pflege beteiligt sind, müssen die Pflegezeiten der einzelnen Pflegepersonen zusammengezählt werden.

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Nicht richtig eingestuft? So legt man Widerspruch ein

Wer an der Richtigkeit seiner Einstufung durch die Pflegekasse zweifelt, kann gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Wichtig ist, dass dabei bestimmte Fristen eingehalten werden. Findet sich auf dem Schreiben der Pflegekasse eine Rechtsmittelbelehrung - das ist der Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit und Fristen - muss innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Fehlt dieser Hinweis, dann kann man noch innerhalb eines Jahres widersprechen. Ratsam ist es jedoch, auch in diesem Fall so bald wie möglich den Widerspruch zu verfassen. Dazu reichen im Prinzip wenige Zeilen wie zum Beispiel: "Gegen Ihren Bescheid vom ... lege ich Widerspruch ein. Mit der Ablehnung der Pflegebedürftigkeit bzw. mit der Einstufung in die Pflegestufe ... bin ich nicht einverstanden".

Sinnvoller ist es jedoch, den Widerspruch so ausführlich wie möglich zu begründen, wobei die ausführliche Begründung dem formlosen Widerspruch auch nachgereicht werden kann. In der Begründung des Widerspruchs sollte auf die Feststellungen des Gutachters genau eingegangen werden. Dazu muss man natürlich das Gutachten des MDK kennen. Die Pflegekasse ist verpflichtet, auf Aufforderung eine Durchschrift des Gutachtens zuzuschicken. Die Beurteilung des Gutachters sollte mit den eigenen Aufzeichnungen verglichen werden. Wenn Begutachtungsergebnisse nicht mit der wirklichen Situation und dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit übereinstimmen, sollte man dies möglichst konkret im Widerspruch aufführen.

Empfehlenswert ist es auch, den Haus- oder Facharzt zu bitten, medizinische Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die den tatsächlichen Pflegebedarf untermauern. Wer bereits Kunde eines Pflegedienstes ist, kann sich von diesem ein "Pflegegutachten" erstellen lassen, in dem alle anfallenden Pflegeverrichtungen aufgeführt sind.

Ist der Widerspruch bei der Pflegekasse eingegangen, geht er zunächst meist an den Erstgutachter des Medizinischen Dienstes. Dieser hat zu prüfen, ob er anhand der Widerspruchs-Unterlagen oder aufgrund neuer Aspekte zu einer anderen Einstufung kommt. Ist das nicht der Fall, wird in der Regel ein neues Gutachten von einem Zweitgutachter erstellt. Dieser muss dazu meist einen erneuten Hausbesuch abstatten. Sollte auch der Zweitgutachter zu keinem anderen Einstufungs-Ergebnis kommen, setzt sich in vielen Fällen (noch einmal) der Widerspruchsausschuss mit dem Fall auseinander. Wird der Widerspruch endgültig abgelehnt, bleibt den Pflegebedürftigen als nächster Rechtsweg, innerhalb eines Monats eine Klage beim Sozialgericht einzureichen. Das Verfahren ist kostenfrei. Wer allerdings hierzu einen Anwalt (für Sozialrecht) einschaltet, muss die Kosten für den Rechtsbeistand zahlen, falls die Klage abgewiesen wird.

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Pflegestufen bestimmen Leistungshöhe

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind unterschiedlich. Ihre Höhe richtet sich nach drei verschiedenen Pflegestufen. In welche dieser Stufen ein Pflegebedürftiger eingestuft wird, hängt von Art, Häufigkeit und Dauer der täglich benötigten Hilfe ab. Die Einstufung erfolgt nach einer Begutachtung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Hinsichtlich der Dauer wird ermittelt, wie viel Zeit ein Familienangehöriger, Nachbar oder eine andere nichtprofessionelle Pflegeperson für die s ogenannte Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Pflege unterstützende Tätigkeiten benötigt, damit die Versorgung des Pflegebedürftigen zu Hause sichergestellt ist. Dabei kann der zeitliche Aufwand von Tag zu Tag schwanken. Was zählt, ist die mittlere Pflegezeit pro Tag, die sich über eine längere Zeitspanne, beispielsweise eine Woche, erstreckt.

Geringfügig oder nur kurzzeitig notwendiger Hilfebedarf führt nicht zur Anerkennung der Pflegebedürftigkeit nach dem Gesetz. Das gleiche trifft zu, wenn Hilfebedürftigkeit nur bei der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht. Voraussetzung für die Anerkennung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in eine der Pflegestufen ist: Der täglich erforderliche pflegerische Hilfebedarf bei der Körperpflege, Mobilität und Ernährung muss anteilsmäßig immer höher sein als die hauswirtschaftliche Hilfe, wobei letztere nicht jeden Tag, sondern lediglich mehrfach in der Woche anfallen muss. Der Zeitaufwand für die Unterstützung beim Kochen, Waschen oder Einkaufen wird daher auf tägliche Durchschnittswerte umgerechnet und zur Zeit für die pflegerische Versorgung hinzugerechnet.

Dazu ein Beispiel:

Ein Pflegebedürftiger braucht zweimal wöchentlich Unterstützung durch eine Haushaltshilfe, die jeweils drei einhalb Stunden für die Wohnungsreinigung, die Wäsche, den Einkauf und andere Tätigkeiten im Haushalt benötigt. Damit fallen sieben Stunden pro Woche oder umgerechnet eine Stunde pro Tag für Haushaltshilfen an.

Wichtig für die Einstufung ist:

Nicht die Schwere einer Erkrankung ist maßgebend, sondern der zeitliche Umfang der geleisteten Pflege.

Es wird nur die Pflegezeit anerkannt, die im Zusammenhang mit den im Gesetz und in den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien genannten „gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens" (siehe oben) steht.

Der festgestellte Hilfebedarf muss sich ausschließlich an den Fähigkeiten zur Ausübung dieser Tätigkeiten orientieren.

Nicht nur die direkte körperliche Pflege, sondern auch das Eingehen auf Angstzustände, unruhiges oder aggressives Verhalten während der Pflegeverrichtungen muss als Pflegezeit angerechnet werden. Der (Zeit-)Aufwand, der außerhalb der "regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen" entsteht - zum Beispiel, um zu verhindern, daß Desorientierte weglaufen - wird dagegen nicht berücksichtigt.

 

Pflegestufe I
"Erhebliche Pflegebedürftigkeit"

Häufigkeit des Hilfebedarfs

Um in diese Stufe zu gelangen, müssen Pflegebedürftige bei mindestens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens einmal täglich Hilfebedarf haben. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Bedarf an hauswirtschaftlicher Unterstützung bestehen.

Zeitlicher Mindestaufwand

Der tägliche Mindest-Hilfebedarf muss durchschnittlich insgesamt mindestens 90 Minuten (incl. hauswirtschaftlicher Unterstützung) oder wöchentlich mehr als 10,5 Stunden betragen. Der Anteil der sogenannten Grundpflege (bei Körperpflege, Ernährung, Mobilität) muss dabei mehr als 45 Minuten täglich betragen.

Pflegestufe II
"Schwerpflegebedürftigkeit"

Häufigkeit des Hilfebedarfs

Mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten muss hier Hilfebedarf bei der Körperpflege, Ernährung oder Mobilität vorhanden sein. Zusätzlich muss mehrmals wöchentlich Unterstützungsbedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehen.

Zeitlicher Mindestaufwand

Der Unterstützungsbedarf muss sich dabei auf durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich oder 21 Stunden in der Woche belaufen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden pro Tag entfallen müssen.

Pflegestufe III
"Schwerstpflegebedürftigkeit"

Häufigkeit des Hilfebedarfs

Bei der Körperpflege, Ernährung oder Mobilität muss täglich rund um die Uhr - auch nachts - ein möglicher Bedarf an Hilfeleistungen bestehen. Eine Pflegeperson muss also in ständiger Bereitschaft sein. Dabei muss es auch zu wirklichen Einsätzen nicht nur tagsüber, sondern auch in der Nacht (von 22.00-6.00 Uhr) kommen - allerdings nicht in jeder Nacht.

Die Hilfe, die der Pflegebedürftige nachts braucht, muss aber zu den auf oben beschriebenen "regelmäßig wiederkehrenden täglichen Verrichtungen" gehören. Dazu zählt zum Beispiel auch, wenn man nachts aufstehen muss, um beim Pflegebedürftigen eine Vorlage auszutauschen oder ihn umzubetten.

Neben Hilfe bei Körperpflege, Ernährung und Mobilität muss auch mehrfach wöchentlich Unterstützung bei der hauswirtschaftlichen Versorgung nötig sein.

Zeitlicher Mindestaufwand

Der Hilfebedarf für die pflegerische Unterstützung und die hauswirtschaftliche Versorgung muss sich pro Tag auf mindestens fünf Stunden belaufen, wobei auf die Grundpflege mindestens vier Stunden (Anleitung oder Beaufsichtigung eingeschlossen!) entfallen müssen.

"Pflegestufe 0"

"Pflegestufe 0" - diese nicht-offizielle Bezeichnung wird oft dann verwendet, wenn wegen zu geringen Hilfebedarfs keine Einstufung in eine der drei oben aufgeführten Pflegestufen erfolgte. Dennoch gibt es auch für diese Menschen, die keine Leistungen der Pflegeversicherung bekommen, unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützungsmöglichkeiten. So muss der Sozialhilfeträger unter Umständen für diese Personen aufkommen (siehe weiter unten).

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Pflegegeld und ambulante Dienstleistungen

Die Leistungen der Pflegeversicherung umfassen für zu Hause lebende Pflegebedürftige vor allem Pflegegeld und (oder) sogenannte Sachleistungen. Anders als der Begriff suggeriert, geht es bei letzteren allerdings nicht um "Sachen", sondern um ambulante Dienstleistungen. jeder, der Leistungen in Anspruch nehmen will, kann selbst darüber entscheiden, in welcher Form dies geschehen soll. Schon bei der Antragstellung muss angegeben werden, ob man Sachleistungen, Geldleistungen oder eine Kombination aus beiden wünscht.

Die Pflegesachleistungen können nur von professionellen Diensten oder Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, erbracht werden. Die Leistungen werden vom Pflegedienst direkt mit der Kasse abgerechnet, allerdings nur bis zum Höchstbetrag der jeweiligen Pflegestufe:

Stufe I

bis zu 440,00 € monatlich

Stufe II

bis zu 1040,00 € monatlich

Stufe III

bis zu 1510,00 € monatlich

In Härtefällen

bis zu 1918,00 € monatlich

 

Pflegebedürftige mit ergänzendem Anspruch auf Sozialhilfe sollten stets die Sachleistungen wählen, denn dann muss das Sozialamt für diese Leistungen professioneller Pflegekräfte zuzahlen.

Wer Pflegegeld beantragt, muss selbst dafür sorgen, dass er - etwa von Verwandten - angemessen gepflegt wird. Der Pflegebedürftige erhält die bewilligte Geldleistung direkt von der Pflegekasse. Sie ist vorgesehen für die Bezahlung von Angehörigen, Bekannten, Nachbarn oder sonstigen Helfern, die die Pflege übernehmen. Wer das Pflegegeld wählt, kann darüber frei verfügen. Die ausgezahlten Beträge sind aber niedriger als die Zahlungen für Sachleistungen:   

Stufe I

225,00 € monatlich

Stufe II

430,00 € monatlich

Stufe III

685,00 € monatlich

Um sicherzugehen, dass nach Überweisung des Pflegegeldes eine angemessene Pflege sichergestellt ist, hat der Gesetzgeber frei nach dem Motto: "Vertrauen ist gut - (Qualitäts)kontrolle ist besser" so genannte "Qualitätssicherungsbesuche" vorgeschrieben. Ziel dieser Beratung, die von einem frei wählbaren professionellen Pflegedienst durchgeführt werden muss, ist es, den Pflegebedürftigen vor mangelhafter Versorgung und die Pflegeperson vor Überforderung zu schützen. So muss in den Pflegestufen I und II alle sechs Monate und in Stufe III alle drei Monate der Besuch eines Dienstes angefordert werden. Die Kosten dafür hat übernimmt die Pflegekasse. Nach jedem Qualitätssicherungsbesuch müssen die dazu bestellten Pflegedienste mit Zustimmung des Versicherten die Kassen darüber informieren, ob sie "die Versorgung für gesichert halten" oder nicht. Nach jedem Beratungsgespräch erhält die Pflegekasse vom Pflegedienst eine Bescheinigung.

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Kombination von Geld- und Sachleistungen

Oft lohnt sich für Pflegebedürftige eine Kombination von Geld- und Sachleistungen. Denn zum einen sind die Leistungen dann insgesamt höher, als wenn nur das Pflegegeld in Anspruch genommen wird. Zum anderen erhalten die pflegenden Angehörigen oder Nachbarn so Unterstützung und Entlastung durch professionelle Dienste. Diese Lösung bietet sich besonders bei Berufstätigkeit der Pflegeperson an, und auch um eine körperliche Überbeanspruchung zu vermeiden.

Bei einer Kombination von Sachleistungen und Pflegegeld wird der nicht genutzte Prozentsatz der Pflegesachleistungen anteilmäßig als Pflegegeld ausgezahlt. Diese - zunächst kompliziert erscheinende - Methode verdeutlicht folgende Beispielrechnung .

Über das Verhältnis von Sach- und Geldleistungen entscheiden die Antragsteller selbst. Um die prozentualen Anteile von Sachleistungen und Pflegegeld bereits bei der Antragstellung abschätzen zu können, sollte man sich vorher vom Pflegedienst einen Kostenvoranschlag geben lassen. Die Entscheidung für die getroffene Kombination gilt grundsätzlich für sechs Monate, kann aber bei den Pflegekassen auch kurzfristig verändert werden (etwa bei einer plötzlichen Verschlechterung der Pflegesituation).

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Ersatz- oder Verhinderungspflege

Ist die private Pflegeperson wegen Urlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen verhindert, finanziert die Pflegeversicherung für längstens vier Wochen im Jahr eine (professionelle) Ersatzpflegekraft. Die Pflegekasse übernimmt dabei Kosten von maximal 1510 € im Jahr für die sogenannte Verhinderungspflege. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Pflegeperson vor ihrer Verhinderung den Pflegebedürftigen bereits mindestens 12 Monate lang zu Hause versorgt hat. Die Ersatzpflege muss  unbedingt von einem erwerbsmäßig tätigen Pflegedienst ausgeübt werden .

Für die Verhinderungspflege muss bei der Pflegekasse ein Antrag gestellt werden. Dies sollte möglichst vor dem Einsatz einer Ersatzpflegekraft getan werden, ist aber auch noch rückwirkend möglich. Wie hoch der tatsächliche Betrag ist, der für die Vertretung gezahlt wird, hängt von Art und Umfang der Pflege, zeitlichem Aufwand, und Fahrkosten ab.

Achtung! Neben der Kostenübernahme für die Ersatzpflegekraft wird kein Pflegegeld mehr ausgezahlt. Dagegen werden zusätzliche Sachleistungen durch einen Pflegedienst während der Vertretungspflege in vollem Umfang weiter gewährt

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Kurzzeitpflege

Anspruch auf Kurzzeitpflege in einer vollstationären Einrichtung besteht, wenn die Pflege zu Hause zeitweise nicht, noch nicht oder nicht mehr in erforderlichem Umfang geleistet werden kann. Dies kann beispielsweise der Fall sein

- bei Pflegebedürftigkeit unmittelbar nach einem stationären Krankenhausaufenthalt;

- bei Verhinderung der Pflegeperson, ohne dass eine Ersatzkraft zur Verfügung steht;

- bei einer kurzfristigen akuten Verschlechterung der Pflegebedürftigkeit.

in den letzten beiden Fällen muss der Pflegebedürftige, wie auch bei der Verhinderungspflege, vorher mindestens 12 Monate zu Hause gepflegt worden sein. Pro Jahr zahlt die Pflegekasse bis zu 1510 € für höchstens vier Wochen stationäre Kurzzeitpflege. Sowohl die Leistungen der Kurzzeitpflege als auch der Verhinderungspflege müssen nicht in vier aufeinander folgenden Wochen genommen werden, sondern sie können auf mehrere kürzere Zeiten im Jahr verteilt werden.

 

Teilstationäre Tages- und Nachtpflege

Wenn die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann, haben Pflegebedürftige auch Anspruch auf Kostenübernahme für teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege . Die Betreuung in einer Tagespflege bietet sich etwa an, wenn die ständige Pflegeperson erwerbstätig ist und nur abends und am Wochenende die Betreuung übernehmen kann. Die Nachtpflege ist für diejenigen Älteren da, die - etwa wegen Schlafstörungen, körperlicher oder psychischer Leiden - während der Nacht Betreuung brauchen.

Für die teilstationäre Tages- oder Nachtpflege übernimmt die Kasse monatliche Kosten bis zu folgenden Höchstbeträgen:

Stufe I bis zu 444,00 €

Stufe II bis zu 1040,00 €

Stufe III bis zu 1510,00 €

Diese Beträge sollen die während der teilstationären Betreuung anfallenden Aufwendungen für Grundpflege, soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege sowie die Fahrtkosten decken. Für Verpflegung und Unterbringung müssen die Pflegebedürftigen selbst aufkommen.

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Pflegen kann man lernen

Pflege ist keine einfache Angelegenheit - und gute Pflege schon gar nicht. Viele pflegende Angehörige stehen diesen neuen Aufgaben, die nicht selten von heute auf morgen auf sie zukommen, unsicher und ängstlich gegenüber.

Sie haben Angst, dass sie etwas falsch machen und dem von ihnen gepflegten Menschen Schmerzen und Schaden zufügen könnten. Richtiges Pflegen will gelernt sein. Wichtige Grundregeln können relativ leicht eingeübt werden. In Pflegekurse lernt man beispielsweise, wie man einen bettlägerigen alten Menschen richtig bettet, hebt, wäscht und badet, wie das Zimmer am zweckmäßigsten ausgestattet sein sollte und wie man Hilfsmittel einsetzt.

Kurse für pflegende Angehörige werden von allen Pflegekassen kostenlos im Rahmen der Pflegeversicherung angeboten.

So wichtig wie das Pflegen: Fördern!

Ebenso wichtig wie die richtige Pflege bei kranken und behinderten alten Menschen ist es, ihre noch vorhandenen Fähigkeiten ständig zu fördern, denn Inaktivität kann gefährlich sein.

Auch Broschüren und Handbücher für interessierte Laien bieten nützliche und praktische Tips: Einige gibt es kostenlos, wie zum Beispiel "Pflegen Zuhause - Ratgeber für die häusliche Pflege" vom Bundesministerium für Gesundheit zu erhalten bei: Deutsche Vertriebsgesellschaft für Publikationen und Filme mbH Birkenmaarstraße 8, 53340 Meckenheim, Tel.: 02225 / 926-144, Fax: 02225 / 926-118, per E-Mail dvg@dsb.net.

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